1. Was müssen Arbeitnehmer bei der Krankmeldung beachten?
Die Krankmeldung muss nicht nur rechtzeitig erfolgen, sondern auch an die richtige Person. Das ist im Zweifel der Chef oder in größeren Unternehmen die Personalabteilung. Oft gibt es dafür einen bestimmten Ansprechpartner. Erhält lediglich ein Kollege die Krankmeldung und gibt diese nicht rechtzeitig weiter, besteht die Gefahr einer Abmahnung.
Auch der Inhalt muss stimmen: Bei der Krankmeldung müssen Arbeitnehmer auch mitteilen, wie lange sie voraussichtlich krank sein werden. Diese Frage ist oft gar nicht so einfach zu beantworten. Dies ändert jedoch nichts: Der Beschäftigte muss den Chef zumindest über seine eigene Schätzung der Krankheitsdauer informieren.
Nicht mitteilen muss man hingegen die Art der Erkrankung.
Die Krankmeldung sollte morgens vor Arbeitsbeginn am ersten Krankheitstag erfolgen, am besten telefonisch und bei der dafür zuständigen Person.
- Eine Krankmeldung per WhatsApp ist nur dann ausreichend, wenn dies im Betrieb so üblich oder abgesprochen ist.
- Auch in diesem Fall muss die Krankmeldung über die voraussichtliche Dauer der Erkrankung informieren und an die richtige Person gehen.
- Nicht ausreichend ist es, sie in einer gemischten WhatsApp-Gruppe zu posten, zu der Chef und Kollegen gehören.
- Es ist Sache des Arbeitnehmers, für eine rechtzeitige und korrekte Krankmeldung zu sorgen und einen sicheren Weg der Übermittlung zu wählen. Wird die Nachricht also dem Chef durch technische Probleme beim Anbieter erst Stunden später übermittelt, muss der Arbeitnehmer die Folgen tragen.
Letzteres gilt auch für eine Übermittlung per E-Mail oder SMS. Kommt die Nachricht aus einem technischen Grund zu spät beim Chef an, riskiert der Arbeitnehmer eine Abmahnung wegen verspäteter Krankmeldung. Ein Telefonanruf ist der bessere Weg.
Was ist der Unterschied zwischen Krankmeldung und Krankschreibung?
Laut Entgeltfortzahlungsgesetz müssen Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung beibringen, wenn ihre Erkrankung länger als drei Tage dauert. Allerdings können Arbeitgeber – zum Beispiel im Arbeits- oder Tarifvertrag – diese Bescheinigung schon am ersten Tag verlangen. Wer über den vom Arzt bescheinigten Zeitraum der Krankschreibung hinaus arbeitsunfähig ist, braucht eine Folgebescheinigung. Diese sollte man durch einen erneuten Arztbesuch veranlassen, bevor die erste Krankschreibung abläuft.
Die AU-Bescheinigung für gesetzlich Versicherte wird vom Arzt elektronisch erstellt und an die Krankenkasse übermittelt. Dort ruft der Arbeitgeber die Daten ab.
Krankschreibung per Video und Telefon
Seit Ende 2023 können sich Arbeitnehmer bei leichten Atemwegserkrankungen mit Schnupfen, Husten oder Heiserkeit und für bis zu fünf Tage auch telefonisch vom Arzt krankschreiben lassen, wenn dieser den Patienten kennt. Der Arzt kann allerdings entscheiden, dass er lieber eine persönliche Untersuchung vornehmen will. Auch eine Krankschreibung per Videosprechstunde ist möglich, wenn es sich um eine Erkrankung handelt, die dies zulässt.
2. Wann droht eine Abmahnung wegen Fehlern bei der Krankmeldung?
Mit einer Abmahnung fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu auf, ein Verhalten einzustellen, welches aus seiner Sicht gegen den Arbeitsvertrag verstößt. Eine Abmahnung wird in der Personalakte vermerkt und hat daher Folgen für die Zukunft im Betrieb. Ändert der Mitarbeiter sein Verhalten nicht, kann die Kündigung folgen.
Eine Abmahnung wegen fehlender Krankmeldung wird der Arbeitgeber aussprechen, wenn ein Arbeitnehmer ihm nicht mitteilt, dass er wegen Krankheit nicht zur Arbeit erscheinen kann.
Zu einer Abmahnung kann es darüber hinaus auch kommen, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nicht die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit mitteilt.
3. Wann droht eine (fristlose) Kündigung?
Eine Kündigung wegen einer versäumten oder verspäteten Krankmeldung ist eine verhaltensbedingte Kündigung. Diese setzt in der Regel eine vorherige Abmahnung voraus. Wenn der Arbeitnehmer dann sein Verhalten nicht ändert, erfolgt oft eine ordentliche Kündigung mit Kündigungsfrist.
Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist nur in besonders schwerwiegenden Fällen erlaubt und in vielen Fällen unverhältnismäßig.
Der Arbeitgeber muss für eine fristlose Kündigung einen wichtigen Grund vorweisen können. Das bedeutet: Es müssen Umstände vorliegen, durch die ihm – auch bei Abwägung der gegenseitigen Interessen der Beteiligten – nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Sie kommt nur als „letztes Mittel“ in Betracht; es darf also kein milderes Mittel in Frage kommen, um mit der Situation umzugehen.
Beispiel: Das Landesarbeitsgericht Berlin sah die fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin als unwirksam an, die nach ihrem Urlaub nicht wieder zur Arbeit erschienen war. Tatsächlich lag sie im Krankenhaus. Der Sozialdienst des Krankenhauses meldete dem Arbeitgeber ihre Arbeitsunfähigkeit mit großer Verspätung.
Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung bereits über die fortdauernde Behandlung informiert gewesen sei. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt sei kein unentschuldigtes Fehlen von der Arbeit. Hier sei allenfalls eine Abmahnung zulässig gewesen. Die Kündigungsschutzklage der Frau war erfolgreich (Urteil vom 13.7.2023, Az. 10 Sa 625/23).
Krankschreibung per Online-Attest
Eine Kündigung wegen fehlender Krankschreibung ist möglich, wenn die AU-Bescheinigung ohne persönlichen Arztkontakt ausgestellt wurde. Diese Gefahr besteht bei der Nutzung von Online-Anbietern, bei denen Arbeitnehmer lediglich einen Fragebogen ausfüllen müssen und dann eine echt wirkende AU-Bescheinigung erhalten, ohne jemals Kontakt zu einem Arzt gehabt zu haben.
Wann darf der Arbeitgeber keine Kündigung wegen verspäteter Krankschreibung aussprechen?
Trotz erfolgter Abmahnung ist eine Kündigung wegen verspäteter Krankschreibung nicht immer wirksam. Der Arbeitgeber muss durch die Verspätung einen Nachteil gehabt haben, weil er sich nicht rechtzeitig auf das Fehlen des Mitarbeiters einstellen konnte.
Hier ging das Gericht davon aus, dass den Arbeitgeber die längere Abwesenheit nicht unvorbereitet getroffen habe. Dass der Mann innerhalb von zehn Jahren bereits zwei Mal wegen verspäteter Krankschreibung abgemahnt worden sei, spiele hier keine Rolle (Urteil vom 8.5.2019, Az. 10 Sa 52/18).
4. So verhalten Sie sich richtig beim Erhalt einer Abmahnung oder Kündigung
Wichtig ist es, die Situation in Ruhe zu überdenken und gegenüber dem Arbeitgeber nicht emotional zu reagieren. Dann empfehlen sich die folgenden Schritte:
- Prüfung der Gründe für die Abmahnung
- Wenn berechtigt und noch keine fristlose Kündigung absehbar: Entschuldigung beim Arbeitgeber erwägen, ggf. schriftlich.
- Möglicher Vermittlungsversuch mit Hilfe von Betriebsrat oder Personalrat
- Wenn Abmahnung unberechtigt: Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht suchen mit dem Ziel, Abmahnung aus Personalakte zu entfernen.
5. Fazit:
- Arbeitnehmern droht eine Abmahnung, wenn sie sich nicht oder nicht rechtzeitig beim Arbeitgeber krankmelden. Auch eine verspätete oder versäumte Krankschreibung durch den Arzt kann diese Folgen haben.
- Im Wiederholungsfall oder in besonders schwerwiegenden Fällen kann es zu einer Kündigung wegen fehlender Krankmeldung kommen.
- Eine verhaltensbedingte Kündigung erfordert in der Regel eine erfolglose Abmahnung durch den Arbeitgeber.
- Eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung droht in besonders schwerwiegenden Fällen. Sie ist allerdings oft wegen Unverhältnismäßigkeit anfechtbar.